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Wolf oder Hund, Hundefutter oder Wolf-Futter – alles Getreide oder was?

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Im Magazin „nature“ wurde 2013 eine interessante Studie veröffentlicht, die eine Diskussion über den Sinn oder Unsinn von getreidefreiem Futter oder Barfen angeheizt hat.

Erik Axelsson von der Universität Uppsala in Schweden und seine Kollegen haben die Gene von Wölfen mit denen von verschiedenen Hunderassen verglichen und dabei Erstaunliches entdeckt: Insgesamt 36 Genbereiche (von 3,8 Millionen) haben sich auf dem Weg vom Wolf zum Hund im Laufe der Zeit geändert.

Es wurden nicht nur 10 veränderte Gene entdeckt, die dem Hund ermöglichen, stärkehaltige Nahrung, also Getreide, besser zu verdauen, indem er die dafür notwendigen Enzyme in größerer Menge produzieren kann, sondern – unter anderem – auch 19 Veränderungen in den Genbereichen, welche die Hirnfunktion und das Nervensystem steuern.

Für die Forscher ist das ein wichtiger Schritt in der Erforschung der Domestikation des Hundes, denn diese Veränderungen zeigen deutlich, wie sehr sich der Hund im Laufe der Jahrtausende an den Menschen angepasst hat.

Eigentlich sind die Veränderungen in Nervensystem und Hirn wesentlich interessanter – denn das bietet viel Grundlagenstoff für die Erforschung von Erbgängen von Verhalten und spezialisierten Fähigkeiten. Leider wird diese wichtige Erkenntnis in Hundlerkreisen weitgehend zugunsten der Veränderungen in der Verdauung ignoriert.

Findige Futtermittelhersteller und auch manche Tierärzte ziehen diese Studie als Argument dafür heran, warum man Hunden Getreide füttern kann – sogar soll – und entkräften damit eines der Hauptargumente der Barfer, nämlich dass ein Hund ein Beutegreifer ist und seine Nahrung damit der natürlichen Zusammensetzung von Beutetieren entsprechen sollte.

Ganz findige Hersteller werben sogar für ihr Futter mit Verweis auf genau diese Studie…mit fragwürdigen Methoden und noch fragwürdigerem Erfolg.

Dass Hunde Getreide verdauen KÖNNEN, ist unstrittig – Generationen von Hunden haben das bereits bewiesen. Das bedeutet aber NICHT, dass sie Getreide fressen MÜSSEN.

Ich möchte hier keine hochwissenschaftliche Abhandlung über Sinn und Unsinn von Getreide in der Ernährung von Hunden schreiben, dafür gibt es im Internet und auch in der Fachliteratur mehr als genug Quellen.

Was ich möchte, ist zum Nachdenken anregen.

In Maßen gefüttert, ist Getreide durchaus sinnvoll – Hafer ist reich an B-Vitaminen und Mineralstoffen für Haut und Fell, Mais enthält sehr viel Tryptophan (aber auch Tyrosin), Pseudogetreide wie Reis, Hirse und Amaranth haben ebenfalls viele positive Eigenschaften.

Viele Arbeitshunde bekommen getreidereiche Kost, weil sie viel schnell verfügbare Energie benötigen und Kohlehydrate liefern viel leicht verfügbare Energie.

Getreide ist im Trockenfutter und auch im Nassfutter allerdings in erster Linie ein günstiger Füllstoff, der auch noch recht einfach zu verarbeiten ist, während Fleisch deutlich teurer und aufwendiger zu verarbeiten ist. Dazu kommt, dass Getreide erst verarbeitet werden muss, bevor ein Hund es tatsächlich verdauen kann.

Getreide kann für so manche Erkrankung beim Hund (mit-)verantwortlich sein, entweder als Auslöser oder weil es einige Symptome verschlimmert – Bauchspeicheldrüseninsuffizienz, Diabetes, Arthrosen, Krebs und auch verschiedene Allergien, um mal einige Beispiele zu nennen.

Die Domestikation und damit einhergehende Zuchtauslese hat Hunde mit den unterschiedlichsten körperlichen Veränderungen hervorgebracht – Größe, Haarkleid, Schädelform (kurze Nasen, große Augen), Ohren….sogar das Gebiss haben wir züchterisch beeinflusst, es gibt Scherengebisse, Überbisse, Vorbisse, Zangengebisse. Aber – es ist immer das Gebiss eines Fleischfressers geblieben und merkwürdigerweise hat sich das nie geändert.

Es gibt Hunderassen, die seit Generationen mit wenig Fleisch, dafür mit Milch und Getreide, gefüttert wurden. Windhunde und Herdenschutzhunde dürften da wohl die bekanntesten Vertreter sein. Wir haben es sogar geschafft, eine Rasse zu züchten, die auf zu viele Purine (die ausnahmslos in tierischen Nahrungsmitteln vorkommen) sehr empfindlich reagiert – Dalmatinerfreunde können ein Lied davon singen.

Es ist sehr interessant, dass Hunde in der Lage sind, die notwendigen Enzyme zum Verdauen von Stärke in größerer Menge als der Wolf selbst herzustellen. Noch interessanter finde ich die Tatsache, dass sich weder die Darmlänge noch das Gebiss eines Hundes im Laufe der Jahrtausende geändert hat. Auch gibt es viele Nährstoffe (vor allem Aminosäuren), die ein Hund überlebenswichtig mit der Nahrung zu sich nehmen muss – ausnahmslos alle tierischer Herkunft.

Letztendlich hat sich beim Hund auf seinem Weg vom Wolf zum Hund vieles geändert – aber nicht alles. Vom Grundsatz her ist der Hund immer noch ein Carnivor, ein Beutegreifer – es haben sich, was die Ernährung betrifft, nur 10 Gene von 3,8 Millionen verändert, das reicht nicht, um die Biologie eines Lebewesens grundlegend zu verändern.

Der ideale Gehalt eines Fertigfutters an Protein, Fett, Vitaminen und Mineralstoffen, um den Nährstoffbedarf eines Hundes zu erfüllen, deckt sich immer noch den Inhaltsstoffen von einem Beutetier im Ganzen.

Ein Hund kann mit ausschließlich tierischer Nahrung sehr gut leben. Würde man ihn ausschließlich vegetarisch oder sogar vegan ernähren, müßte man dagegen einige essentielle Nährstoffe zusätzlich ergänzen, ansonsten bekäme ein Hund unweigerlich auf Dauer ernsthafte Mangelerscheinungen.

Gegen einen Hundekuchen oder Keks, so als Snack zwischendurch (bei Hunden oft sehr begehrt) oder gegen eine sinnvolle, gezielte Verwendung von Getreide und Pseudogetreide in der Hundeernährung ist nicht unbedingt etwas einzuwenden.

Bei Hunden mit einer Allergie auf Huhn sind Haferflocken ein guter Lieferant von B-Vitaminen anstelle von Eigelb. Sogenannte Pseudo-Getreide wie Hirse oder Amaranth enthalten ebenfalls viel Stärke. Amaranth (ein sogenanntes Pseudogetreide) ist eine hervorragende Quelle für Kalzium, Magnesium und Zink, ideal für Hunde mit Nierenerkrankungen, denn hier sollte man, um Phosphor in der Ernährung zu reduzieren, auf Knochen und Knochenmehl verzichten, Hirse wird ein positiver Einfluss auf Gelenkserkrankungen nachgesagt und ist unter anderem ebenfalls reich an Kalzium, Magnesium, Kalium. Reis entwässert und ist reich an verschiedenen Mineralstoffen – hilfreich bei Übergewicht und Herzerkrankungen.

Getreide KANN also ein sinnvoller Bestandteil in der Hundeernährung sein, wenn es in Maßen gefüttert wird und sinnvoll eingesetzt wird. Es ist aber dennoch falsch, aus der schwedischen Studie den Schluss zu ziehen, dass Getreide gefüttert werden MUSS – erst recht nicht in den hohen Mengen, die häufig in Fertigfutter verwendet werden.

Interessanterweise gibt es eine weitere Studie, ebenfalls unter Beteiligung von Erik Axelsson, in der diese Genveränderungen in Bezug auf die Verdauung untersucht wurden. Heraus kam, dass sowohl Wölfe als auch Hunde diese veränderten Gene haben können – aber nicht zwangsläufig haben.

Um wirklich sicher zu sein, ob ein Hund Stärke verdauen kann oder nicht, müsste eigentlich ein Gentest durchgeführt werden. Aber wer macht das schon?

Fazit – nicht irre machen lassen. Man kann Getreide füttern, wenn der Hund es mag und verträgt, muss aber nicht.