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Die Sache mit dem Schwarzkümmelöl

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Kaum hat die Zeckensaison begonnen, wird auch wieder über Schwarzkümmelöl geredet.

Aber warum ist das so? Hilft Schwarzkümmelöl wirklich gegen Zecken, ist es wirklich frei von Nebenwirkungen? Schauen wir uns das mal genauer an.

2014 erregte Alexander Betz mit seiner Auszeichnung im bayerischen Landeswettbewerb „Jugend forscht“ Aufsehen.

Er hat festgestellt, dass der familieneigene Hund, der aufgrund vieler Allergien auf Rohfutter umgestellt wurde und unter anderem auch Schwarzkümmelöl ins Futter bekam, so gut wie keine Zecken mehr hatte.

Also hat er experimentiert. Dafür fing er Zecken ein und bot ihnen ein Gemisch aus Blut und Schweiß an, auf das die Zecken natürlich reagierten. Im nächsten Schritt hat er dieses Gemisch mit Schwarzkümmelöl versetzt – dies führte dazu, dass die Zecken das neue Gemisch mit dem Öl mieden.

Er konnte so nachweisen, dass Zecken Schwarzkümmelöl meiden bzw. Schwarzkümmelöl eine abschreckende Wirkung auf Zecken hat.

Seitdem wird Schwarzkümmelöl eifrig beworben – als DAS Mittel gegen Zecken, das völlig natürlich und völlig ungefährlich ist, nur ein paar Tropfen ins Futter und die Zeckenzange kann eingemottet werden.

Doch so einfach ist das nicht.

Schwarzkümmelöl enthält ätherische Öle (vor allem Thymochinon), Phenole, Sterole, Alkaloide (z.b. das Indazol-Alkaloid Nigellicin) und Saponine (z.B. α-Hederin), außerdem gesättigte, einfach ungesättigte und viele mehrfach ungesättigte Fettsäuren.

Die ätherischen Öle sowie die Bestandteile Nigellicin (ein Indazol-Alkaloid) und die Saponine werden über die Leber abgebaut.

Bisher ist nur beim Menschen und bei Ratten gesichert bekannt, dass auch hohe Mengen Schwarzkümmelöl oder auch wässriger Auszug aus Schwarzkümmelsamen keinerlei Einfluss auf die Leber haben.

Für Hunde und für Katzen gibt es solche Studien bisher nicht. Allerdings können die Ergebnisse beim Menschen und bei Ratten nicht 1:1 auf Hunde oder Katzen übertragen werden – warum, ist eigentlich ganz einfach erklärt.

Es herrscht allgemeine Einigkeit darüber, dass Katzen aufgrund ihrer Glucoronidierungsschwäche (das bedeutet, dass ihre Leber bestimmte Enzyme nicht produziert) keinerlei ätherische Öle bekommen sollten. Viele Stoffe, die für uns Menschen unbedenklich sind, sind für Katzen tödlich.

Viele wissen nicht, dass für den Hund Ähnliches gilt – er hat eine Acetylierungsschwäche. Das heißt, auch er produziert in seiner Leber bestimmte Enzyme nicht, allerdings andere als die Katze.

Diese Acetylierungsschwäche ist übrigens so ziemlich einzigartig, sie kommt von allen Tierarten dieser Welt lediglich noch bei der Dickschwanzspitzmaus vor.

Diese „Schwächen“ führen dazu, dass bestimmte Stoffe im Organismus nicht abgebaut werden können. Sie reichern sich an und können zu ernsthaften gesundheitlichen Schäden führen. Bei Katzen sind das natürlich viel mehr Stoffe als beim Hund (Lilien, Orchideen, fast alle ätherischen Öle, viele Antiparasitika), aber auch für den Hund sind einige Stoffe gefährlich – wir wissen das bei Paracetamol, Ibuprofen, Macadamia-Nüssen, um einige Beispiele zu nennen.

Schwarzkümmelöl wird bei Hunden vor allem therapeutisch eingesetzt – vor allem bei Allergien, da auch Stoffe enthalten sind, die sich an die Histamin-Rezeptoren setzen. Allerdings werden nur geringe Mengen (wenige Tropfen) gegeben und das auch nicht dauerhaft.

Nun soll die gleiche Menge, also wenige Tropfen, dauerhaft bzw. über mehrere Monate ins Futter gegeben, auch eine Wirkung gegen Zecken haben.

Schaut man sich den Versuchsaufbau aus „Jugend forscht“ genauer an, fragt man sich schon, wie das funktionieren soll.

Zecken reagieren auf den Geruch von Schwarzkümmelöl, was an den enthaltenen ätherischen Ölen liegt.

Wenige Tropfen täglich ins Futter reichen nicht aus, damit der Hund nach Schwarzkümmelöl riecht. Man bräuchte wesentlich größere Mengen, um einen echten Effekt zu erzielen – und das wäre für den Hund lebertoxisch.

Aber auch die geringen Mengen, also die wenigen Tropfen täglich, dafür über einen längeren Zeitraum, haben bei vielen empfindlichen Hunden schon Einfluss, sie reagieren mit erhöhten Leberwerten.

Warum das bei „Jugend forscht“ nicht nur im Labor, sondern auch am lebenden Hund funktioniert hat? Nun, das kann viele Gründe haben.

Einer davon ist sicherlich, dass bei dem Hund aufgrund seiner Allergien das Futter umgestellt wurde – die Ernährung hat durchaus Einfluss auf den individuellen Körpergeruch.

Wenn ein Hund mit vollem Körpereinsatz frisst, hat ein guter Teil des Futters auch Kontakt mit dem Hundegesicht – und gerade der Geruch von Schwarzkümmelöl ist recht penetrant.

Eine Bemerkung am Rande dazu sei erlaubt: Sicherlich wissen viele, das Schwarzkümmel ursprünglich aus Ägypten kommt. Schwarzkümmelsamen und Schwarzkümmelöl gehören bei den dort lebenden Menschen sozusagen zur täglichen Ernährung dazu.

Stellt sich die Frage, warum ausgerechnet Ägypten eines der Länder mit den schlimmsten Parasitosen ist – die haben da wirklich einige fiese Dinger – wenn der Verzehr von Schwarzkümmelöl doch so wirksam gegen Parasiten sein soll.

Jetzt ist es aber nicht so, dass Schwarzkümmelöl und Hund sich gar nicht vertragen.

Wenn ihr Schwarzkümmelöl äußerlich anwendet, habt ihr genau den gleichen Effekt, der bei „Jugend forscht“ vorgestellt wurde – die Zecken meiden den Geruch.

Verreibt ein klein wenig Kokosöl zwischen den Händen, gebt einige wenige Tropfen Schwarzkümmelöl dazu, nochmal gut verreiben und ganz oberflächlich über den Hund streichen – vor allem die Stellen, die am ehesten mit Zecken in Kontakt kommen, Beine, Bauch, Kopf und Hals.

Alternativ könnt ihr auch einfach einige Tropfen Schwarzkümmelöl auf die Bürste eures Hundes geben und täglich bürsten oder statt Kokosöl auch einfach ein Fellpflegespray nutzen. Wichtig ist nur, dass das Schwarzkümmelöl nicht unverdünnt eingesetzt wird.

Bei Allergien ist Schwarzkümmelöl innerlich angewendet auch durchaus wirkungsvoll – die Bestandteile docken an die Histamin-Rezeptoren an, was allergische Reaktionen abmildert. Äußerlich angewendet, pflegt es Haut und Fell, soll auch antientzündlich und antiseptisch wirken.

Bei Mäusen und Ratten wurde in Tierversuchen auch eine antiparasitäre Wirkung verschiedener Schwarzkümmel-Zubereitungen auf einige Parasiten festgestellt – Plasmodien, Trichonomas, Leishmaniose und Schistosoma.

In klinischen Studien an Menschen wurde auch ein positiver Einfluss auf Vitiligo festgehalten.

Schwarzkümmelöl, wässrige Auszüge aus Schwarzkümmelsamen und Schwarzkümmelsamen haben also durchaus tolle Wirkungen.

Bei der Verwendung als Zeckenabwehr, innerlich verabreicht, übersteigt das mögliche Risiko aber den – therapeutisch nicht belegbaren – Nutzen.

 

 

Quellen: Uniklinik Freiburg Addenda Schwarzkümmelöl (und dort genannte Studien), wissenschaftler.de, Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin, Pharmazeutische Zeitung 8/1999, Dissertation Barnsteiner, Uni München 2012, Hassanien et al., 2015, Ibrahim et al., 2017 (Inhaltsstoffe Schwarzkümmelöl), Nakura, 1995 (Nat-Aktivität Caniden)

Bild mit freundlicher Genehmigung von Marion Heckmann-Barkowsky, bunternapf.de